Konzerttätigkeit (1906-1909)

Hedy Brügelmann (Familienarchiv)
Hedy Brügelmann (Familienarchiv)
Hedy Brügelmann, 1908 (Familienarchiv)
Hedy Brügelmann, 1908 (Familienarchiv)

 

Feuerprobe Brasilien
In einem ausführlichen Übersichtsartikel über Hedy in der Rheinischen Musik- und Theaterzeitung (Nr. 48, 9. Jahrgang) von 1908 wird ihre berufliche Weiterentwicklung so geschildert: „1907 hielt sie selbst sich endlich reif für die Öffentlichkeit. Ehe sie aber vor das deutsche Publikum trat, wollte sie gewissermaßen eine Feuerprobe in ihrer Heimat bestehen, wo durch den ungeheuren Reichtum und die künstlerischen Beziehungen zu Italien die Ansprüche an Gesangskünstler besonders groß sind. Sie unternahm vom Juni bis Dezember eine Tournee nach Brasilien, die von dem denkbar größten Erfolge begleitet war. Selbst die europäischen Zeitungen nahmen davon Notiz, und drüben wurden ihr wahrhaft fürstliche Ehrungen zuteil. Zurückgekehrt benutzte sie den folgenden Sommer, um von der großen Vortragskünstlerin Charlotte Huhn das Geheimnis des dramatischen Ausdrucks zu erlernen, den sie mit ihrer reinen Gesangskunst in eigenartiger Weise zu verbinden wußte. Die Erfolge von Konzerten in Mannheim, Baden-Baden und Karlsruhe bestätigten die Richtigkeit ihrer neuen Bestrebungen, und die Verpflichtung zu großen Abonnementskonzerten in Köln, Düsseldorf, Coblenz, Hagen, Dortmund, Hamburg, Lübeck usw. für ihre erste eigentliche Konzertsaison 1908/9 zeigt, daß die große Öffentlichkeit sofort ihre Bedeutung erkannt hat."

Theatro Municipal in Rio de Janeiro, wo Hedy Brügelmann mehrfach gesungen hat, Postkarte von 1910
Theatro Municipal in Rio de Janeiro, wo Hedy Brügelmann mehrfach gesungen hat, Postkarte von 1910
Alberto Nepomuceno (1864-1920)
Alberto Nepomuceno (1864-1920)

In Brasilien tritt Hedy bei ihrer Tournee 1907 erst in der Hauptstadt Rio de Janeiro auf, später auch in ihrer Heimatstadt Porto Alegre. In Rio gibt sie ein Konzert zusammen mit ihrer älteren Schwester Amalia Iracema (am 13. August 1907). Sie werden bei diesem Liederabend am Klavier begleitet von den brasilianischen Musikern und Komponisten Barroso Netto und Alberto Nepomuceno, von denen auch eigene Lieder in der portugiesischen Sprache zu Gehör gebracht werden. Nepomuceno, der auch einige Zeit in Europa gelebt und studiert hat (u.a. in Rom, Berlin, Wien und Bergen), widmet Hedy das 1904 komponierte Lied ‚Ao amanhecer' (‚Im Morgengrauen'): „A eximia cantora D. Hedy Iracema".

Der enorme Erfolg Hedys bei ihrer ersten Brasilien-Tournee wird auch in folgenden Zeilen deutlich (Artikel aus der Rheinischen Musik- und Theaterzeitung, Nr. 50, 8. Jahrgang, 14.12.1907):

„Ehrungen einer deutschen Künstlerin in Brasilien.
Die Kölner Konzertsängerin Hedy Iracema-Brügelmann hat ihre Konzert-Tournée durch Süd-Amerika beendet. Gleich ihr erstes Auftreten vor dem verwöhnten Publikum in der Millionenstadt Rio de Janeiro und der dortigen sehr strengen Kritik war ein großartiger Triumph. Sowohl die brasilianischen wie die französischen Zeitungen der Hauptstadt, welche uns vorliegen, ergehen sich in enthusiastischen Lobeserhebungen über die reine, frische Stimme und deren tadellose Durchbildung in der strengen deutschen Schule, sie rühmen den Glanz, die Geschmeidigkeit und die berückende Süße, die seltene Ausgeglichenheit der Register, das wunderbare Piano der Kopftöne, die staunenswerte Atemtechnik, sowie den durchgeistigten, hochmusikalischen Vortrag. Dazu beherrsche sie mit gleicher Vollkommenheit die italienische, französische und brasilianische Sprache. Besonders hervorgehoben wird ihr vornehmer, über jede konventionelle Effekthascherei erhabene Gesangsstil. Sieben Mal trat die Künstlerin in den hauptstädtischen Konzertsälen auf, darunter in drei eigenen Konzerten, überschüttet mit frenetischen Beifallsbezeugungen. Ihre Konzerte werden einstimmig eine "musikalische Erhebung", eine "wahre Weihe" für das musikverständige Publikum genannt, der hinterlassene Eindruck sei ein unvergleichlicher, unvergeßlicher.

 

In ihrer Heimatprovinz Rio Grande do Sul und besonders in deren Hauptstadt Porto Alegre, wurde sie nach solchen Triumphen in der Metropole mit großer Spannung erwartet. Auch dort erntete sie außerordentliche Ehrungen. Ein Blumenregen empfing sie bei der Landung, zwei vom Präsidenten des Staats beorderte Militärkapellen ließen abwechselnd ihre Weisen erklingen und in einer begeisterten Rede feierte man sie vor der ganzen Bevölkerung als die große Künstlerin, welche den Namen Brasiliens in musikalischer Beziehung im Auslande zu Ehren brächte. Nach diesem Willkommen ging's im langen Zuge mit den Musikkapellen zum Hotel, welches Abends unter den Klängen einer Serenade in elektrischem und bengalischem Licht erstrahlte; Raketen knatterten und das Viva-rufende Volk ruhte nicht eher, als bis sich die Künstlerin auf dem Balkon zeigte.

 

Das große Theater San Pedro war in wenigen Tagen ausverkauft. Bei ihrem Erscheinen auf der Bühne wurde sie unter endlosen Hochrufen mit Blumen und Serpentinen aus den Rängen und Galerien überschüttet, der Beifallsjubel steigerte sich von Nummer zu Nummer. Auf offener Bühne in einem wiederholten Blumenregen überreichte ihr eine Abordnung von Damen, an ihrer Spitze die Gemahlin des Staatspräsidenten Vorges de Medeiros, unter anderen Geschenken und inmitten von einigen 30 Blumengebinden einen kostbaren Diamantring. Ein zweites Konzert war dem deutschen Klub "Germania" gewidmet. Dort hatte die Künstlerin einst als Anfängerin ihre erste Anerkennung gefunden, und die dortige deutsche Presse spricht ihren freudigen Stolz darüber aus, wie herrlich sich alle ihre schon damals vielversprechenden künstlerischen Anlagen ihrer Voraussage gemäß entfaltet haben. Die Brasilianer haben ihre landsmännische Sängerin für ihre hervorragende Kunst mit der Verleihung des Namens ihres wertvollsten und volkstümlichsten nationalen Epos „Iracema" geehrt."

 

Bedeutung des Namens ‚Iracema'
Der in Brasilien gebürtige Kultur- und Musikwissenschaftler Prof. Dr. Antonio Alexandre Bispo (Universität Köln) schreibt über die Bedeutung des Namens ‚Iracema' das Folgende:
Dieser Name ist für Brasilien außerordentlich bedeutsam und weckt verschiedene Assoziationen. Sie war die Hauptfigur im gleichnamigen Werk des größten romantischen Schriftstellers Brasiliens, José Martiniano de Alencar (1829-77), Gestalt des am meisten gelesenen Romans des Landes. Es war eine Zeit des sog. Indianismus, d. h. der Aufwertung des Indianers im Rahmen der Suche nach einem nationalen Kulturbewusstsein. Dementsprechend war Alencar auch der Autor von “O Guarani”, Gegenstand der bedeutendsten Oper von Antonio Carlos Gomes, fast ein zweiter Nationalhymnus. Iracema (1865) - das nicht als Roman, sondern als Lenda (Märchen, Mythos) bezeichnet wird – kann vielleicht als Höhepunkt dieses poetischen bzw. lyrischen Indianismus angesehen werden, voll von bezaubernden Konnotationen. Sie wurde besungen als die “Jungfrau mit Lippen aus Honig” (virgem dos lábios de mel), deren Haare schwärzer als die des dunklen Vogels graúna waren und länger als ihre Taille, die einer Palme glich. Ihr Lächeln wird als außerordentlich süß beschrieben, ihr Atem hatte einen Duft, der intensiver als der der Vanille in den Wäldern war. Iracema ist die dunkelhäutige Jungfrau (morena virgem), sie ist gleichsam eine Vestalie des Tabajara-Stammes, Tochter des Häuptlings Araquém, die einen weißen Krieger – Martim - küsste. Dieser, der versuchte, dem Faszinosum der Indianerin zu widerstehen, bat Iracema, ihm Jurema-Saft zu geben, der Träume süß macht: Iracema gab sich ihm hin. Die Küsse von Iracema sind für den weißen Krieger süß im Traum, bitter in der Wirklichkeit. Die Küsse dieser Jungfrau von Tupã (dem größten Donnergott=Zeus) schmerzten wie Dornen. Als sie ihre Jungfräulichkeit verlor, verlor auch Tupã seine Vestalie im Stamm der Tabajara. Das Werk Iracema gehört zu einem Tripticum (Guarani, Iracema, Ubirajara), das zuweilen als mythische Gründung Brasiliens beschrieben wird. Moacir, der Sohn des weißen Kriegers und der Jungfrau mit Lippen aus Honig, erscheint hier als die poetische Personifizierung des brasilianischen Volkes, als Ergebnis der Vereinigung zwischen einer Indianerin und eines Europäers. Wir haben hier also ein Modell ältesten Ursprungs von Geschichtsbewusstsein und eines Gründungsmythos von kolonialen Gesellschaften, bekannt in verschiedenen kolonialen Zusammenhängen (schon in der Antike, z. B. in Marseille). Es scheint also bezeichnend, dass der Name von Hedy Iracema-Brügelmann im Kontext der deutschen Kolonie in Porto Alegre des 19. Jahrhunderts erscheint. Hier könnte man über Integrationsprozesse der Deutschen in Brasilien zu dieser Zeit zwischen Instabilität und Wunsch nach Ausdifferenzierung nachdenken.

 

Charlotte Huhn als Brünnhilde (Royal Academy of Music, London)
Charlotte Huhn als Brünnhilde (Royal Academy of Music, London)

Konzerttätigkeit
An die erfolgreiche Brasilien-Tournee schließt sich 1908 eine rege Konzert-tätigkeit im Kölner Raum und auch weiter weg an. Die Kritiken sind sehr lobend: Mit ihren Liedern (…) berauschte sie förmlich das Publikum.", „Neu für uns war die Sopranistin Hedy Iracema-Brügelmann, die ihre Koloraturen prächtig sang, bis zum dreigestrichenen C hinauf mühelos und strahlend, dabei mit fein ausgearbeitetem Vortrag.", „Im dritten Abonnements-Konzert machten wir die Bekanntschaft von Frau Hedy Iracema Brügelmann, der in letzter Zeit so besonders viel genannten Kölner Sopranistin, die mit ihrem prächtigen Organ und ihrer verinnerlichten Vortragsweise sehr viel Beifall fand.", „Durch ihr anheimelndes Organ von auserlesenem Klangreiz, durch ihre ausgereifte Technik, durch ihr tiefes Eindringen in die Musik und Dichtung der vorgetragenen Lieder und Arien, riß die Sängerin zu gewaltigen Beifallskund-gebungen hin." (Zitate aus der Rheinischen Musik- und Theaterzeitung vom Beginn des Jahres 1909).  

Nach der Verleihung des brasilianischen Ehrentitels ‚Iracema', der auch ein Anagramm von America darstellt, nennt sich Hedy: ‚Iracema-Brügelmann'. Dieser Name dürfte für das deutsche Publikum unverständlich und zum Teil auch verwirrend gewesen sein, zeigt jedoch, wie sehr sich Hedy mit ihrer brasilianischen Heimat verbunden fühlt. Neben ihrer Konzerttätigkeit studiert Hedy auch weiter bei der Sängerin und „großen Vortragskünstlerin" Charlotte Huhn, bei der sie an ihrer dramatischen Ausdrucksfähigkeit arbeitet.

Die Künstleranzeigen von Hedy in der Rheinischen Musik- und Theaterzeitung von 1907 bis 1909 spiegeln ihre dynamische Entwicklung als Sängerin wieder: erst bescheiden kleine Privatanzeigen, dann Anzeigen über eine Berliner Konzertagentur (Hermann Wolff) und die Westdeutsche Konzertagentur, bis hin zur Berliner Konzertagentur ‚Norbert Salter', deren Anzeige selbst eine ganze Seite umfasst und mit Exklusivität wirbt. Hedy ist dann schon Mitglied der Hofoper in Stuttgart.  

 

Künstleranzeige, Januar 1907 (Rheinische Musik- und Theaterzeitung)
Künstleranzeige, Januar 1907 (Rheinische Musik- und Theaterzeitung)
Künstleranzeige, November 1907 (Rheinische Musik- und Theaterzeitung)
Künstleranzeige, November 1907 (Rheinische Musik- und Theaterzeitung)
Künstleranzeige, April 1908 (Rheinische Musik- und Theaterzeitung)
Künstleranzeige, April 1908 (Rheinische Musik- und Theaterzeitung)
Künstleranzeige, Juni 1908 (Rheinische Musik- und Theaterzeitung)
Künstleranzeige, Juni 1908 (Rheinische Musik- und Theaterzeitung)
Künstleranzeige, April 1909 (Rheinische Musik- und Theaterzeitung)
Künstleranzeige, April 1909 (Rheinische Musik- und Theaterzeitung)

 

Max Bruch
Der aus Köln stammende Dirigent und Komponist Max Bruch (1838-1920), der seit 1890 als Professor für Komposition an der Hochschule für Musik in Berlin tätig ist, hört Hedy bei einem Hauskonzert seiner Freunde Otto und Augusta Deichmann, die in einer kapitalen Villa in Bad Godesberg wohnen. Dort singt sie im Januar 1908 das ‚Ave Maria', worüber Bruch ihr schreibt: „(…) und da Ihre ganz vortreffliche Wiedergabe des Ave Maria am Abend des 7. Januar d. J. bei Deichmann's mir in allerbester Erinnerung geblieben ist (…)", und an Augusta Deichmann: „ (…) denn sie (Hedy, RB) sang ja am 7. Jan. d. J. bei Ihnen prachtvoll." Otto Deichmann ist als Mitinhaber der Bankfirma Deichmann & Co direkter Kollege von Theo. Möglicherweise ist diese Begegnung zwischen Bruch und Hedy in Bad Godesberg der Auslöser dafür, dass sie am 17. November 1908 in einem Gürzenich-Konzert unter der Leitung von Fritz Steinbach das Sopran-Solo bei der Uraufführung der Osterkantate von Bruch singt, die ein großer Erfolg wird.

 

Osterkantate in Köln
Bruch bewirkt, dass Hedy, die Beginn November zu einem Konzert in Berlin weilt, mit ihm persönlich das Sopransolo der Osterkantate vor der Uraufführung durchnimmt. Er schreibt an Hedy: „Es würde sich Ihnen also die Gelegenheit bieten, die neue Partie bei mir selbst zu studieren; es wäre ein außerordentlicher Vorteil für Sie und für die Sache, wenn Sie sich schon hier, 14 Tage vor der Kölner Erstaufführung, mit meinen Intentionen vertraut machten." Max Bruch kann selbst nicht bei der Uraufführung der Osterkantate in Köln anwesend sein. Hedy berichtet ihm persönlich mit den folgenden Zeilen über das Konzert (18. November 1908): „Hochverehrter Meister! Mit großer Freude depeschierte ich Ihnen heute früh Ihrem Wunsche entsprechend kurz über die Aufnahme Ihrer Ostercantate im Gürzenich. Ihrem neuesten Werke war ein glänzender Erfolg beschieden! Herr Generalmusikdirektor Steinbach widmete sich der Aufführung mit ganzer Hingabe, und wir Mitwirkende alle, für die Sie so sanglich und dankbar schreiben, bemühten uns, unser Bestes zu leisten. Schade, daß Sie den brausenden Beifall nicht selbst entgegennehmen konnten! Heute erschienen des Festtages wegen nur die frühen Morgenzeitungen, die Kritik wird sich erst morgen äußern. Wenn diese die Stimmung und das Urteil des großen Publikums wiedergibt, so muß sie glänzend für den Componisten sein! Ihnen, lieber Meister, nochmals viel herzlichen Dank, daß Sie zur ersten Interpretin dieser wundervollen Sopranpartie mich erwählten. Von anderer Seite hören Sie vielleicht, ob ich Ihr Vertrauen gerechtfertigt habe. Ihre, des Schöpfers Anerkennung soll mir der schönste Lohn sein. In dankbarer Verehrung, Hedy Iracema-Brügelmann."

 

 

Max Bruch (1838 - 1920)
Max Bruch (1838 - 1920)
Georg Schuhmann (1866-1952), Leiter der Berliner Singakademie
Georg Schuhmann (1866-1952), Leiter der Berliner Singakademie

 

Osterkantate in Berlin
Ein halbes Jahr später versucht Bruch, Hedy für eine Aufführung der Osterkantate bei der Hochschule für Musik in Berlin zu gewinnen (13. Mai 1909): „Liebe Frau Brügelmann, mit Vergnügen höre ich, daß Sie ein Engagement am Stuttgarter Hoftheater angenommen haben, und gratuliere herzlich zu diesem bedeutenden Fortschritt in Ihrer Carrière! -
Heute komme ich mit einer besonderen Anfrage zu Ihnen. Unsere Kgl. Hochschule für Musik bringt am 19. Juni d. J. meine Osterkantate unter meiner Leitung zur Aufführung. Das Directorium, dem ich angehöre, fragt hierdurch bei Ihnen an, ob Sie bei dieser Gelegenheit das Sopran-Solo singen könnten. Honorare werden zwar in der Regel bei diesen Aufführungen nicht gezahlt, da wir fast nie auswärtige Sänger haben; Ihnen aber erlaubt sich das Directorium M. 300 anzubieten. Das ist ja nicht viel, und andererseits ist auch das Solo, wenn auch sehr glänzend, doch nicht besonders groß; aber Sie wollen nicht übersehen, daß
1) die Kgl. Hochschule die erste und vornehmste Anstalt dieser Art in Deutschland ist;
2) ist an dem Abend ganz Berlin da und hört Sie zum 1. Mal;
3) hört Sie u.a. Herr Prof. G. Schumann, der Director der Berliner Singakademie, und wird Sie dann jedenfalls für seine Aufführung der Osterkantate im Winter 1909-1910 engagieren; und
4) ist es möglich, wenn auch nicht sicher, daß der Kaiser und die Kaiserin kommen; und
5) würden Sie Ihrem alten Freunde und Verehrer, dem Schreiber dieser Zeilen, einen großen Dienst erweisen." Darauf reagiert Hedy aus Stuttgart: „Hochverehrter Meister, mit 1000 Freuden singe ich am 19. Juni Ihre Osterkantate in Berlin. (…)".
Über die Berliner Aufführung berichtet Bruch am 23. Juni 1909 an Augusta Deichmann: „Wertheste Freundin, ich muß Ihnen doch sagen, daß unsere liebe Frau Iracema am 19. Juni in Berlin, in meiner Osterkantate einen sehr großen Erfolg errungen hat; ja, man kann wohl sagen, es war ein Triumph. Ich denke, wir haben sie in ein paar Jahren hier an der Kgl. Oper. Herzlichst Ihr M. Bruch." Der gesamte Briefwechsel mit Bruch ist im Kapitel ‚Briefe' zu finden.

 

Berliner Singakademie
Max Bruch bringt Hedy in Kontakt mit dem Leiter der Berliner Singakademie, Georg Schuhmann, der Hedy für ein Konzert mit der Osterkantate und dem ‚Paradies und die Peri' von Robert Schumann im April 1910 verpflichtet. Daraus entsteht eine langjährige Zusammenarbeit: im Zeitraum zwischen 1910 und 1925 wirkt Hedy an zehn Konzerten der Singakademie mit den Berliner Philharmonikern unter Leitung von Georg Schuhmann mit. Eine detaillierte Übersicht der Konzerte mit der Berliner Singakademie findet sich im Kapitel 'Konzerte'.

 

Carmen Silva Wohltätigkeitskonzert in Köln (Rheinische Musik- und Theaterzeitung)
Carmen Silva Wohltätigkeitskonzert in Köln (Rheinische Musik- und Theaterzeitung)

 

Kgl. Rumänische Kammersängerin

Im Dezember 1908 wirkt Hedy bei einem Carmen-Sylva-Wohltätigkeitskonzert zu Gunsten von rheinischen Blinden im Gürzenich mit. Carmen Sylva ist das Pseudonym der deutschstämmigen, auch als Schriftstellerin tätigen Königin von Rumänien: Prinzessin Elisabeth zu Wied (1843-1916). Auf dem Programm stehen fast ausschließlich Werke von Carmen Sylva und ihrem Freund, dem Komponisten August Bungert (1845-1915). Die Rheinische Musik- und Theaterzeitung (Nr. 1, X. Jahrgang, 2. Januar 1909) schreibt darüber: „Das Konzert der "Vatra Luminoasa" im Gürzenich zum Besten von rheinischen Blinden nahm einen recht anregenden Verlauf, der um so höher zu werten ist, als die besonderen Umstände die Aufstellung eines Programms geboten, das fast ausschließlich die königliche Dichterin Carmen Sylva und ihren erfolgreichen Komponisten August Bungert zu Worte kommen ließ, die Gefahr einer ermüdenden Wirkung also sehr nahe lag. In Frau Hedy Iracema Brügelmann hatten Wort- und Tondichter natürlich eine ganz hervorragende Interpretin gefunden, die für ihre Lieder ebensoviel Charakterisierungskunst und Gefühlswärme wie Schwung und schönheitsvollen Klang aufbot. (...) W.". Die besonderen Umstände könnten möglicherweise die Anwesenheit von Elisabeth selbst und auch von August Bungert gewesen sein, denn wenig später verleiht Elisabeth Hedy den Ehrentitel der ‚Königlich rumänischen Kammersängerin', der auch auf ihren Odeon-Schallplatten erscheint.