Auswahl von Briefen aus der Personalakte des Kgl. Hoftheaters Stuttgart von Hedy Brügelmann (Staatsarchiv Ludwigsburg)
Hedy Brügelmann an Max von Schillings, Cöln, 1.2.1909
Sehr geehrter Herr Generalmusikdirektor,
den Empfang Ihrer Zeilen vom 25. Januar bestätigend komme ich auf die telefonische Unterhaltung vom 24. Januar mit Herrn Oberregisseur Gerhäuser zurück. Soviel ich damals verstanden hatte, sollte ich nähere briefliche Nachrichten über das für den 14. Februar in Aussicht genommene Gastspiel
erhalten? Laut Absprache werde ich bereits am 7. oder 8. dort eintreffen; Logis nehme ich wohl am besten im Marquardt. Daß ich Ihre gefälligen Vorschläge betreffs Vergütung meines dortigen Aufenthaltes, der Costümfrage usw. gerne erwarte, werden Sie nicht unbegreiflich finden, denn wie Sie bereits wissen, habe ich wegen dieses Gastspiels 4 Konzerte in Bromberg, Hamburg, Düsseldorf und Lübeck abgesagt und ein weiteres Engagement für Frankfurt/Main heute ausschlagen müssen. Ferner möchte ich gerne wissen, ob vielleicht Wiederholungen des "Tannhäuser" bald nach dem 14. in
Aussicht genommen sind, bei denen ich, wenn ich gefallen haben sollte - und das Ganze auch mir gefällt - wieder mitzuwirken hätte, da ich am 1. März hier im Kammermusik-Abend zu singen habe und für den 2. März habe ich gestern ein Engagement nach Amsterdam angenommen (M. 450 - 6 Lieder).
Wenn ich auch hoffe, daß mein Gastspiel mir Perspektiven eröffnen möge, welche mich solche Verluste wie die oben genannten leicht verschmerzen lassen, so möchte ich doch der Ordnung wegen Bescheid haben, welche Stellung die Leitung des Hoftheaters zu dieser Frage zu nehmen gedenkt. Sie werden das begreiflich finden und mir meine Anfrage wohl nicht verübeln, denn jeder Tag kann mir neue Konzert-Engagements bringen. Daß ich in der Partie der Elisabeth bereits lebe und webe, brauche ich Ihnen wohl nicht zu
versichern, ich freue mich sehr auf den 14.!
H. I-Brüg
Direktion der Stadttheater Düsseldorf und Duisburg, Ludwig Zimmermann, an S. Excellenz Herrn Generalintendant Freiherr von Putlitz (Stuttgart), 24.3.1910
Euer Excellenz bitte ich, nochmals den Ausdruck meines verbindlichsten Dankes für die Beurlaubung der Frau Iracema-Brügelmann entgegen zu nehmen. Die Künstlerin hat mir durch die rasche Uebernahme der überaus schwierigen Partie der Maja ein grosses Opfer gebracht und durch ihre gesangliche wie darstellerische bewundernswerte künstlerische Leistung der zweiten Mahadeva-Aufführung (Mysterienspiel von Felix Gotthelf) das eindrucksvollste und unvergessliche Gepräge gegeben. Das Stuttgarter Hoftheater ist um diese Vollblut-Künstlerin zu beneiden!
Das Opfer der Frau Iracema-Brügelmann ist um so höher zu bewerten, als die Künstlerin infolge einer Verletzung am Knie die Durchführung ihrer Partie, insbesondere des Tanzes der Bajadere, ganz ausserordentlich erschwert wurde. Der Arzt hatte ihr das Auftreten gestern ernstlich widerraten.
Ich trete nun an Ew. Excellenz wieder mit einer unbescheidenen Bitte heran, nämlich Frau Iracema-Brügelmann zunächst noch einmal am 18. April für ein Gastspiel in Düsseldorf gütigst einen Urlaub zu erteilen.
Ludwig Zimmermann
Hedy Brügelmann an Freiherr von Puttlitz, Intendant in Stuttgart, 25.3.1910
Euer Excellenz Anregung gerne Folge gebend, habe ich heute Herrn Freiherrn von St. André benachrichtigt, daß ich - außer dem Schillingsschen Lied - zu Beginn der Trauung das "Gebet" von Hiller singen werde.
Hedy I-Brüg
Schreiben des Komponisten von Mahadeva, Dr. Felix Gotthelf, Godesberg, an Seine Excellenz Freiherrn Gans Edler zu Putlitz, Intendant des Kgl. Hoftheaters Stuttgart, 26.3.1910
..... danke - danke - danke, dass Sie Frau Brüg. beurlaubt haben....
... den Erfolg, den (das Werk) auch diesmal wieder vor vollbesetztem Hause errang, verdankt es sicher zum großen Teil der in jeder Beziehung ausgezeichneten Leistung von Frau Iracema-Brügelmann ... Frau Brüg., die bei dem Gastspiel vom 23. leider durch eine Verstauchung des Kniegelenks stark behindert war, wird dann Gelegenheit haben, ihre große Kunst voll zu entfalten.
Hedy Brügelmann an Freiherr von Putlitz, 6.6.1910
Da ich vielleicht nur die Elsa (Lohengrin von Richard Wagner) am 17. Juni zu singen habe, möchte ich hierdurch anfragen, ob Euer Excellenz mir gestatten, schon am 26. Juni meinen Urlaub anzutreten. Circa 6 Wochen werde ich mit Professor Dr. Felix von Krauss stimmtechnische Studien machen, so bleiben mir nur 2 Wochen, die ich mit meinem Mann zubringen kann, und das auch nur, wenn ich die 5 Tage vom Juni noch hinzunehmen dürfte. Leider ist das auch die einzige Zeit, in der mein Mann seinen geschäftlichen Urlaub wahrnehmen kann. Infolge der noch bestehenden dauernden Trennung ist es uns natürlich von großem Wert, wenigstens einen Teil dieser Urlaubszeit versuchen zu unserer Erholung zuzubringen. ...
Hedy I-Brüg
Hedy Brügelmann an Freiherr von Putlitz, 4.3.1911
Euer Excellenz,
Mit einer Bitte komme ich heute zu Ihnen. In dieser Saison fühle ich mich so recht unbefriedigt in meiner Stellung; ich versuchte immer, mich darüber hinwegzusetzen, und vermag es nicht. Meine
Stellung hier ist eine besonders schwere neben Frau Cordes und Frl. Burckardt, die beide routinierte Sängerinnen sind mit großem Repertoire. Ich habe mich redlich bemüht, neben den beiden Damen
zu bestehen und empfinde es, daß es mir nicht gelingt so dazustehen, wie ich es möchte und vielleicht auch könnte. Ich bitte Sie deshalb um meine Entlassung für die Saison 1912. So lange mein
Mann selbst nicht hier gebunden ist, kann ich leichter einen Entschluß fassen. Ich hätte gerne mit Euer Excellenz selbst gesprochen, ich bin aber zu erregt, auf dem Papier geht alles glatter. Ich
bitte noch Euer Excellenz mich morgen von der "Gutrun" zu dispensieren, ich kann mit dem besten Willen morgen nicht singen und bedauere es lebhaft, nun doch einmal absagen zumüssen.
Hedy I-Brüg
Hedy Brügelmann an vermutlich Putlitz, 23.10.1912
Ich bitte mich von der Ariadne-Elite-Aufführung am 27. Oktober zu dispensieren. Nachdem mir Herr Dr. Strauss im letzten Moment eine dritte Partitur (?) der Hauptrolle vorsetzt, muß ich zu der Annahme kommen, daß ihm meine Leistung nicht genügt. Es ist mir unmöglich, unter solchen Umständen unter des Komponisten Leitung zu singen.
Außerdem beging ich den Fehler, während meines Indisponiertseins 3 Tage hintereinander zu singen. Dadurch bin ich körperlich so herunter, daß meine Leistung dem Hoftheater nicht zur Ehre gereichen würde.
Hedy I-Brüg
Hedy Brügelmann an Intendant von Putlitz, 5.10.1913
Euer Excellenz spreche ich mein Befremden darüber aus, daß es anderen nunmehr gestattet wird, einem großen Gast zu Ehren einen Teil
ihrer Rolle in nicht-deutscher Sprache zu singen, nachdem mir solches verboten wurde.
Ich hatte die Tosca italienisch vollkommen studiert, und ich beherrsche das Italienische gesanglich durchaus, konnte ich doch früher nur in dieser Sprache singen.
Auch in meinem Falle hatte ja Herr Geheimrat Lederer lebhaft den Wunsch ausgesprochen, daß ich in Frage kommende Stellen der Oper italienisch singen möchte; (ich hörte wie er sich in dieser Sache an Herrn Hofkapellmeister Band und an Herrn Hofrat Gerhäuser wandte) - es wurde mir nicht gestattet mit der Begründung, daß dann auch andere Mitglieder ein gleiches Recht für sich beanspruchen könnten.
Wie stets bisher habe ich mich den Anordnungen der Intendanz - wenn auch in diesem Fall mit besonders großem inneren Widerstreben - gefügt.
Nun muß ich einsehen, daß anderen erlaubt, was mir verboten wurde. Ich beanspruche keine Bevorzugung in solchen Fällen, eine solch offensichtliche Zurücksetzung aber empfinde ich tief. Dies mußte ich Euer Excellenz zum Ausdruck bringen.
Hedy I-Brüg
Von Putlitz an Hedy Brügelmann, 6.10.1913
Als ich Ihren Brief heute morgen erhielt, war ich drauf und dran, ihn in dem gleichen Tone zu beantworten, aber heute Nachmittag habe ich mich bereits entschlossen, dies lieber zu unterlassen und Ihnen anheimzugeben, sich mündlich über die Angelegenheit mit mir auszusprechen. Ich glaube, dass das im Interesse der guten freundschaftlichen Beziehungen, die bisher zwischen uns bestanden haben, gelegen ist.
Mit bestem Gruss Ihr sehr ergebener
von Putlitz
Hedy Brügelmann an vermutlich von Putlitz, 9.3.1914
Eben nach Hause kommend finde ich den Zettel mit den Proben für Parsifal (1. Blumenmädchen). Erstens ist es mir nicht möglich, die angeschriebenen Proben für heut und morgen mitzumachen. Ich habe den heutigen Nachmittag nötig, um mich für die beiden morgigen Konzerte vorzubereiten. Ich bin diese Woche so angestrengt im Theater-Druck, daß ich mich nicht mit einer Neueinstudierung beschäftigen kann.
Außerdem möchte ich mich als Blumenmädchen nicht lächerlich machen. Ich kann unmöglich neben Frl. Lärrer, Frl. Palan und Frl. Sedlmaier als
Blumenmädchen stehen.
Ich hoffe, daß meine Bitte berücksichtigt wird und daß mir diese Rolle erspart bleibt.
Hedy I-Brüg
gesehen E. Beck
Ist durch mündliche Aussprache mit Frau B. dahin geregelt, daß sie die Partie für den Notfall (als Ersatz) studiert.
Schillings
Theo Brügelmann an von Putlitz, 9.6.1914
Euer Excellenz spreche ich für die liebenswürdigen Zeilen, sowie im Namen meiner Frau für die gütigst übersandte Auszeichnung ihren ergebensten Dank aus.
Ich habe meine Frau sofort nach Empfang des Schreibens von dieser Ehrung telegraphisch in Kenntnis gesetzt und werde ihr Euer Excellenz freundliche Glückwünsche umgehend brieflich weitergeben.
Indem ich davon Kenntnis genommen habe, daß der dem Schreiben des Königl. Bayerischen Staatsministeriums beiliegende Rapport erst nach Rückkunft meiner Frau ausgefüllt zu werden braucht, ersuche
ich Euer Excellenz um die Freundlichkeit, den Ausdruck des Dankes meiner Frau für die von Seiner Majestät dem König von Bayern verliehene Auszeichnung an geeigneter Stelle gütigst zum Ausdruck bringen zu lassen.
Th. Brügelmann
Hedy Brügelmann an von Putlitz, Rio de Janeiro, 25.7.1914
Euer Excellenz,
wenn es auch kurz vor meiner Abreise ist, muß ich Euer Exc. meinen Dank aussprechen für die große Auszeichnung, die mir von Seiner Majestät, dem König Ludwig von Bayern verliehen wurde. Ich erhielt die Depesche gerade zu
Beginn eines Konzertes in Sao Paolo. Sofort bildete sich ein Komitee, welches von der Bühne herab dem Publikum von der großen Auszeichnung, die mir zuteil wurde, Mitteilung machte. Exc. können sich keinen Begriff machen von der Ovation, die mir dann gemacht wurde - minutenlang dauerte der Applaus! Ich hatte sehr viel Glück mit meinen Konzerten - auch pekuniären - mit Ausnahme des Konzertes in Rio, da kostete mich das Orchester allein über 3000 M. Ich hab auch nur das eine Konzert mit Orchester! In meiner Vaterstadt hatte ich eine Rein-Einnahme von 17000 M.
Vorgestern sang ich für ein Theater Municipal die "Tosca" - mein Traum
hat sich erfüllt!
(...) Ich bitte Euer Exc. um Verzeihung, daß ich die Bescheidenheit beiseite lasse - ich hatte wirklich einen kolossalen Erfolg. Ich blieb deutsche Künstlerin, sang nicht für die Galerie, wiederholte selbst nicht die Arie im 1. Akt, trotzdem das Publikum tobte. Das sehr difficile Publikum erkannte mich an, ebenso die zum Teil sehr strenge Kritik - alle erkannten an, daß ich nur die Rollen gab
und darin aufging. Ich sang italienisch, hatte eine kleine Klavierprobe von
einer Stunde, und erfuhr von meinem Engagement erst 2 Tage vorher! Honorar 2000 Mark.
Ich habe dem Hoftheater keine Schande gemacht!
Auf das Heimkehren und auf meine sagenhaft schöne Arbeit freue ich mich sehr - trotzdem es mir unendlich schwer wird, meine herrliche Heimat zu verlassen. Von meinem Fenster sehe ich die
wunderbare Bucht mit ihren Bergen immer und immer in neuer Beleuchtung. Wir sind mitten im Winter und haben die Temperatur eines herrlichen Sonnentages ...
Hoffentlich habe ich Euer Exc. nicht zu sehr gelangweilt mit meinem langen Brief! ...
Hedy I-Brüg
Schreiben / vertraulich / der Vereinten Theateragenturen Norbert Salter - Otto Mertens, Berlin, an Putlitz, 8.10.1914
Die Direktion der Metropolitan Opera Co. beauftragt mich soeben, sofort Vorschläge für das Engagement einer jugendlichen Sängerin telegraphisch
zu unterbreiten, da die Möglichkeit vorliegt, dass eine solche für die kommende Saison engagiert werden muss.
Ich erlaube mir daher, ganz ergebenst um Nachricht zu bitten, ob Sie gestatten würden, dass ich mit Frl. Brüg. in Unterhandlung trete. Falls Euer Excellenz dies gestatten würden und ein Engagement zustande käme, müsste die Dame gegen den 20. ds. abreisen und könnte Anfang Mai wieder dort sein.
Bitte Antwort per Telegramm ...
Telegramm an Salter (undatiert)
Gestatte zunächst mit Frau Brüg zu verhandeln.
Behalte mir Entscheidung vor.
gez. Baron Putlitz
Putlitz an Frau Hofopernsängerin Pfeiffer, Berlin, 25.1.1916
Nach den gemachten Erfahrungen kann ich mich sehr schwer dazu entschließen, Ihnen irgend etwas für hier in Aussicht zu stellen. Frau Brüg hat eigentlich noch bis zum Jahre 19 Vertrag und wenn sie ihren Vertrag aushält, wäre natürlich ein Engagement von Ihnen neben dieser und Frau Wildbrunn nicht möglich. Nun hatte Frau Brüg mir vor einiger Zeit die bestimmte
Absicht geäussert, eventuell schon mit Schluss dieser Spielzeit auszuscheiden, weil sie unter allen Umständen in das hochdramatische Fach übergehen will. Als ich jetzt diese Angelegenheit mit ihr klären wollte, sagte sie mir, dass der Schluss dieser Spielzeit keinesfalls in Frage käme, dass sie aber glaube, für Schluss nächster Spielzeit ein geeignetes Engagement nach ihren Wünschen zu erhalten. Sie könne mir aber erst in 6-8 Wochen darüber Definitives mitteilen. Ich habe den Eindruck, dass es Frau Brüg tatsächlich Ernst ist und dass sie, da ihr Übergang ins hochdramatische Fach hier keinesfalls in Frage kommt, wirklich den Wunsch hat, an eine andere Bühne überzusiedeln. Wenn ich aber darauf bauend Ihnen jetzt einen Vertrag machen würde und mir Frau Brüg in einigen Wochen erklärt, dass sie nun doch die Absicht hätte, ihren Vertrag bis 19 hier auszuhalten, so würde ich Sie und mich in eine schwierige Situation bringen. ...